Die EU hat angekündigt, in diesen Tagen im Rahmen des fünften Sanktionspakets einen Importstopp für russische Kohlelieferungen zu beschließen. In Kraft treten soll das Verbot nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt. Dies erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jüngst in Straßburg, die Erklärung finden Sie anbei.
Die EU importiert 70 % ihres Steinkohleverbrauchs, davon 45 % aus Russland. Im Jahr 2021 hat Russland 50,4 Mio. Tonnen Steinkohle in die EU geliefert. Allein nach Deutschland gingen 18,34 Mio. Tonnen, was gut der Hälfte der deutschen Steinkohleimporte entspricht. Der Marktwert der EU-Importe betrug 2021 rund 4,2 Mrd. Euro und wird angesichts der stark angestiegenen Kohlepreise inzwischen deutlich höher liegen.
Nach dem beigefügten aktuellen Bericht des BMWK zu den energiepolitischen Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges sinkt die Abhängigkeit bei der Kohle durch Vertragsumstellung in den nächsten Wochen bereits von 50 % auf rund 25 %. Bis zum Beginn des vierten Quartals 2022 kann es wegen des grundsätzlich liquiden Kohle-Weltmarktes und auch ausreichend vorhandener Transport-Logistik gelingen, die russische Kohle vollständig durch Importe aus anderen Lieferländern zu ersetzen. Die Umstellung der Lieferketten ist aber noch nicht vollzogen, so dass es in der Übergangszeit zu Kohleknappheit kommen könnte, mit Folgen auch für den Stromsektor (s. Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums anbei, S. 2).
Dies kann Auswirkungen auch auf die weitere Entwicklung der Strompreise haben. Die Lage auf den Energiemärkten ist bereits jetzt angespannt. Anfang April 2022 lagen die Future-Preise (Frontmonat Mai) für Strom bei +63 %, für Erdgas bei +67 % und für Kohle bei +91 % im Vergleich zum Vorkrisenniveau (s. BMWK-Bericht anbei, S. 11).
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) setzt sich mit Nachdruck bei der Bundesregierung für ein Entlastungspaket für die besonders betroffene Industrie ein, nachdem auch das zweite Entlastungspaket vom 24.03.2022 vor allem an Privathaushalte gerichtet war.
Außerdem unterstützt der BDI die Bundesregierung weiterhin bei ihrem Ansatz eines differenzierten Energieembargos, das zwischen den einzelnen Energieträgern unterscheidet. In einer weiteren Sanktionsrunde könnten nach Angaben von Kommissionspräsidentin von der Leyen auch Ölimporte aus Russland eingeschränkt oder ganz verboten werden. Vor allem aber ist festzuhalten, dass ein kurzfristiges Gasembargo für die Industrie fatale Wirkungen hätte, mit dem Abreißen ganzer Wertschöpfungsketten und nicht absehbaren Folgen für den sozialen Frieden und die politische Handlungsfähigkeit. Deshalb begrüßt der BDI, dass
weder die Bundesregierung noch die EU-Kommission ein kurzfristiges Gasembargo planen, sondern gemeinsam mit der Wirtschaft daran arbeiten, Russland so rasch wie möglich durch andere Lieferländer für Gas bzw. LNG zu ersetzen.
Über die weiteren Entwicklungen halten wir Sie auf dem Laufenden.
Romina Horstmeyer
Referentin Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit
Nr. 114/2022: Krieg in der Ukraine: EU kündigt Embargo für russische Kohle an