Jahreshauptversammlung 2023: Osteuropaexperte von Fritsch Gast der Arbeitgeberverbände
Osnabrück, 31.05.2023
Am 31.05. begrüßten der Industrielle Arbeitgeberverband Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim (IAV) und die NiedersachsenMetall-Bezirksgruppe Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim rund 120 Gäste im Osnabrücker Hotel Remarque. Hier fand im Anschluss an die Jahreshauptversammlungen eine hochaktuelle Vortragsveranstaltung statt: Rüdiger von Fritsch, ehemaliger deutscher Botschafter in Warschau und Moskau, sprach vor den Verbandsmitgliedern und zahlreichen Gästen aus Politik, Verwaltung, dem Bildungssektor und den Medien über das Thema „Welt im Umbruch. Was kommt nach dem Krieg?“.
Seine Analyse der aktuellen Lage basiert auf einer historischen Herleitung und politischen Beurteilung der russischen Entwicklung. Der Zerfall der Sowjetunion und der Wandel Russlands von einem autoritären sozialistischen System zu einer Diktatur spiele hierbei, so von Fritsch, eine wesentliche Rolle. Er betonte, dass sich nicht die NATO nach Osten ausgeweitet habe, sondern dass sich die Länder der ehemaligen Sowjetunion frei und selbstbestimmt nach Westen bewegt hätten – auch um sich vor Russland in Sicherheit zu bringen. Der Zerfall der 90er Jahre sei für die Russen aber zutiefst traumatisch gewesen. Innenpolitisch seien in Russland Propaganda, Bestechung und Repression die Mittel der Machtkontrolle. Die eigene Geschichte werde nicht konsequent aufgearbeitet – stattdessen werde auf den internationalen Machtverlust mit dem Angriff auf die Ukraine als Versuch einer erneuten Ausweitung reagiert.
Osteuropaexperte von Fritsch zu Gast bei den Arbeitgeberverbänden (v.l.: Olaf Piepenbrock, Jasmin Markhof, Rüdiger von Fritsch, Dr. David Frink)
Der renommierte Osteuropaexperte verdeutlichte, dass Putin vermutlich nur eine Mischung aus wachsendem innenpolitischem Druck und Kriegsdesaster an den Verhandlungstisch bringen könnte. Dessen oberstes Ziel sei nicht Frieden, sondern die Sicherheit Russlands. Als Perspektive für eine Zeit nach Kriegsende betonte von Fritsch, dass er nicht von einer De-Globalisierung ausgehe, weil damit international zu viele Wohlstandsverluste einhergingen. Er hob hervor: „Wenn wir gemeinschaftlich handeln, sind die Europäer die stärkste Volkswirtschaft der Welt“. Das Ziel müsse es daher sein, auch in der Außen- und Sicherheitspolitik gemeinschaftlich handlungsfähig zu sein – auch um Abhängigkeiten zu reduzieren.
Als IAV-Vorstandsvorsitzender moderierte Olaf Piepenbrock anschließend eine angeregte Fragerunde, die auch die Rolle Chinas und der USA näher beleuchtete und bedankte sich nach dem langen Applaus der Gäste auch im Namen des NiedersachsenMetall-Bezirksgruppenvorsitzenden Dr. David Frink für den beeindruckenden Vortrag.